Jede bayerische Behörde soll demnächst im Eingangsbereich ein Kreuz aufhängen, so sieht es nach Zeitungsberichten eine Direktive der Bayerischen Landesregierung vor. Das Kreuz sei “Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns”.
Mir drängen sich hier gleich calvinistische Zweifel auf. Ist nicht das Kreuz auch ein Folterinstrument und sollte man es als solches nicht lieber nicht so öffentlich zeigen? Als mir meine Schwester vor einigen Jahren einen Loop-Schal mit aufgedruckten Kreuzen schenkte, dachte ich spontan: “Ich würde niemals Folterwerkzeuge als Designelemente tragen.” Soviel zu dem Thema, was an Christen für Vorurteile herangetragen werden.
Das Kreuz in den Behörden Bayerns als Ausdruck von “geschichtlicher und kultureller Prägung” zeigt nicht nur falsch verstandenes Christentum. Es zeigt auch, dass die geschichtliche und kulturelle Prägung nicht nur Bayerns, sondern aller europäischer Staaten hier krude ignoriert wird. Die europäischen Staatswesen beruhen nämlich in ihrer kulturellen und geschichtlichen Prägung auf der vom Bürgertum ausgehenden Forderung von der Trennung von Staat und Kirche, mithin der Säkularisation des Staates.
In ihrer ausgeprägtesten Form findet man diese Säkularisation in Frankreich, wo religiöse Symbole stark marginalisiert werden. In einem säkularen Staat hat ein religiöses Symbol wie das Kreuz einfach nicht in staatlichen Behörden zu hängen.
Noch schwieriger ist hier die Gleichsetzung des religiösen Symbols Kreuz mit geschichtlicher und kultureller Prägung. Beim Kreuz in bayrischen Behörden handelt es sich um dieUmdeutung eines religiösen Symbols, die den religiösen Inhalt des Symbols abstreitet, während sie ihn als Kampfmittel nutzt.
Als Christin in einem säkularen Staat lehne ich die Vereinnahmung eines religiösen Symbols schlichtweg ab.
Das Kreuz sollte man lieber in der Kirche lassen, da kann es nicht vom Staat vereinnahmt werden.
Cornelia Soldat
In einem Beitrag des Bayrischen Rundfunks wird Söder so zitiert, “dass die Kreuze kein religiöses Symbol des Christentums sein sollen, sondern ein ‘Bekenntnis zur Identität’ und zur ‘kulturellen Prägung’ Bayerns. ‘Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion’, sagte er. ‘Das ist kein Verstoß gegen das Neutralitätsgebot.'” (https://www.br.de/nachrichten/unterfranken/inhalt/wuerzburger-hochschulpfarrer-kritisiert-soeders-kreuz-kampagne-100.html)
Wenn das Kreuz nicht Zeichen einer Religion ist, was dann? Als Weltreligion gehört das Christentum nicht nur zu einem Land. Will man die kulturelle Identität Bayerns im Gegensatz zu allen anderen Ländern darstellen, wäre in dieser Logik ein Sepplhut viel besser geeignet.