Am Donnerstag, 9.11.2017, 19.30 h in der Reformationskirche, Am Markt 18, beginnt die Seminarreihe “Mystik und Meditation”. An jedem Abend wird eine Form gelebter Spiritualität vorgestellt und durch Meditation eingeübt.
Die Abende können auch einzeln besucht werden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
„Gott näher kommen – wie geht das praktisch?“
Diese vereinfachte Grundfrage stellen sich Menschen seit Jahrhunderten. Mystikerinnen und Mystiker der Vergangenheit können Hinweise geben. Praktiken der Kontemplation sind seit alter Zeit überliefert und werden auch in der evangelischen Kirche wiederentdeckt.
Die Seminarreihe soll dazu dienen, sich auf die Suche zu machen nach eigenen Formen gelebter Spiritualität.
Die Abende sind auch einzeln zu besuchen und bestehen je aus zwei Teilen.
Im ersten Teil führt Dr. Klaus Mattheß in verschiedene mystische Traditionen ein. Danach gibt es die Möglichkeit für Fragen und Diskussion.
In einem zweiten Teil führt Pfarrer Ole Hergarten in die verschiedenen Formen der Meditation ein, wobei es weniger auf die Theorie, sondern mehr auf die Praxis ankommt.
Alle praktischen Übungen finden in einer aufrechten Haltung statt, die eingeübt wird. Die dazu benötigten Hilfsmittel werden, so weit vorhanden, gestellt. Dazu gehören Hocker, sog. Gebetsbänkchen, Decken oder Kissen. Wer selber so etwas besitzt, darf dies gerne mitbringen. Auch das Sitzen auf einem Stuhl ist möglich. Da der Übungsraum ohne Schuhe betreten wird, sind dicke Socken von Vorteil.
Es geht in diesem Kurs zunächst um das Kennenlernen der Methoden. Wer spürt, dass bestimmte Übungen ihm nicht gut tun, kann jederzeit pausieren oder aufhören. Zu jeder Praxis der Meditation gehören angeleitete Atemübungen und zum Abschluss eine Austauschrunde.
An den Abenden werden inhaltlich verschiedene Methoden der Meditation vorgestellt, um die meditative Vielfalt zu zeigen und den je eigenen Weg der Übung zu ermöglichen.
Donnerstag, 9.11.2017 19.30 Uhr
Theorieteil: Allgemeine Einführung in die Mystik
- Was versteht man unter „Mystik“, welche unterschiedlichen Erscheinungsformen und Stufen der persönlichen Erfahrung des Göttlichen in uns gibt es?
- Was haben verschiedene Mystiker der unterschiedlichen Religionen dazu gesagt – auch über ihre eigenen Erfahrungen?
- Inwieweit wird die Mystik bereits in biblischen Texten angesprochen und gehört damit auch zur christlichen Tradition?
- Wie drückt sich Mystik im Erleben des Menschen aus, und zwar nicht nur in ekstatischen Ereignissen, sondern auch in alltäglichen Erfahrungen und Erlebnissen?
Praktischer Teil: Achtsamkeitsübungen
„Achtsamkeit“ ist ein Modewort und beschreibt eine populäre Form der Meditation. Dabei wird eine bewusste, sehr wache Aufmerksamkeit eingeübt. Jeder Mensch erlebt eine solche Achtsamkeitsphase ab und zu ungeplant in seinem Alltag. Situationen werden überdeutlich wahrgenommen und man vergisst sich selber in der Betrachtung dieser Situation.
An diesem Abend werden wir uns von der Wahrnehmung alltäglicher Achtsamkeit bis hin zu einer geführten Achtsamkeitsmeditation vorarbeiten.
Donnerstag, 16.11.2017 19.30 Uhr
Theorieteil: Meister Eckhart
Der wohl größte und bekannteste Mystiker des Christentums ist Meister Eckhart (1260–1328), der nach einem einflussreichen Wirken als einer der höchsten Würdenträger des Dominikanerordens am Ende seines Lebens als Ketzer angeklagt und verurteilt wurde.
Im Mittelpunkt seiner Lehre steht die unmittelbare Erfahrung Gottes in uns, der Weg zur Gottgeburt in der Seele bis hin zur vollkommenen Vereinigung mit Gott („unio mystica“).
Praktischer Teil: Geführte gegenständliche Meditation am Beispiel des „Labyrinth“
Eine der gegenständlichen Meditationsformen ist die Bildmeditation. Im Betrachten eines Bildes oder eines Symbols vertieft man sich in Farben und Formen. Dabei spürt man eigene Resonanzen. Dies kann auch im bewussten Hören von Musik oder im Nachdenken über Texte geschehen.
An diesem Abend geht es um die alte Tradition des Labyrinths. Diese Meditationsform führt auf einen Weg zur eigenen geistlichen Mitte.
Donnerstag, 30.11.2017 19.30 Uhr
Theorieteil: Frauenmystik im Mittelalter
Ausgehend von dem Hohelied Salomos im Alten Testament hat sich im späten Mittelalter eine besondere Frauen- oder Brautmystik herausgebildet. Vor allem Nonnen und Beginen begegneten dem Göttlichen durch eine Hingabe an die Person Jesu und seine Leiden. Es werden anhand einiger Mystikerinnen verschiedene Zugänge dazu dargestellt.
Praktischer Teil: Perlen des Glaubens
Auf einem Armband reihen sich 18 Perlen aneinander. Die größte Perle glänzt golden und wird die Gottesperle genannt. Daran anschließend führen die verschiedenen Perlen mit je einer eigenen Bedeutung durch alle Abschnitte des Lebens. Sie führen damit auch durch das eigene Leben und machen den Gottesbezug im wahrsten Sinn des Wortes „begreifbar“.
An diesem Abend werden wir eine kurze Einführung in diese Form der Spiritualität geben. Alle Teilnehmenden können die Perlen des Glaubens selber ausprobieren. Die Ketten werden dazu gestellt, können aber auch mitgebracht werden.
Donnerstag, 7.12.2017 19.30 Uhr
Theorieteil: Martin Luther und die Mystik
Martin Luther (1483–1546) hat, vor allem in jungen Jahren, eine besondere Neigung zur mittelalterlichen Mystik entwickelt. Aufbauend auf den Gedanken einiger Mystiker wie Meister Eckhart und dessen Schüler Johannes Tauler hat er eine persönliche Form des Verhältnisses zu Gott ausgebildet. In der Auseinandersetzung mit der damaligen Amtskirche über seine Rechtfertigungs- und Gnadenlehre hat diese persönliche Form zu einer eigenen Glaubensrichtung geführt, aus der vor 500 Jahren die protestantische Konfession entstanden ist.
Praktischer Teil: Das Herzensgebet
Im Herzensgebet wird im Rhythmus des Atems, ein Wort oder ein kurzer Satz ständig wiederholt. Es ähnelt der in den letzten Jahren aus fernöstlichen Traditionen eingeführten Mantra-Meditation.
Was kaum jemand weiß: Diese Form der Kontemplation ist eine uralte christliche Tradition und wird von vielen Menschen wiederentdeckt. Als Gebet des Herzens umfasst es den ganzen Menschen mit Leib und Seele.
Da fast alle großen Religionen diese mantrischen Formen kennen, fügt das Üben dieses Gebets nicht nur in eine eigene große spirituelle Tiefe, sondern auch in eine weltweite Gemeinschaft über alle religiösen Grenzen hinaus.
Donnerstag, 11.1.2018 19.30 Uhr
Theorieteil: Fernöstliche Mystik
In den fernöstlichen Religionen wie dem Buddhismus, dem Hinduismus und dem Taoismus hat die Mystik seit jeher ihren Platz bis in das Alltagsleben ihrer Anhänger hinein.
Es ist erstaunlich, wie sehr sich die Lehren und Praktiken dieser Religionen untereinander und auch im Vergleich zur christlichen Mystik ähneln. So kann man sagen, dass sich in der Mystik offenbar unmittelbare spirituelle Erfahrungen ausdrücken, die unabhängig von den konkreten religiösen Lehren sind und die damit alle Religionen auf friedliche Weise miteinander verbinden.
Praktischer Teil: Einführung in das „Zen“
„Zen“ ist ein ständiger meditativer Übungsweg meist im aufrechten Sitzen. Der Geist wird gesammelt und alle auftauchenden Gedanken sanft abgegeben. In der buddhistischen Form dieser Meditation werden alle dualistischen Unterscheidungen wie Ich und Du, Subjekt und Objekt ebenso aufgehoben, wie Wertungen, wie z.B. gut und böse.
Die christliche Form des Zen nutzt die Methoden dieser Meditation, bleibt allerdings inhaltlich bei dem Gedanken einer Beziehung zu Gott.
An diesem Abend werden wir „Stille üben“, indem wir Sitzpositionen einnehmen, die uns aufrichten und ausrichten. Die Achtung auf den eigenen Atem hilft dabei.
Menschen mit jahrzehntelanger Erfahrung im Zen sprechen davon, immer noch Anfänger zu sein. Deshalb werden wir uns mit viel Humor diesen Übungen nähern und uns den eigenen Gedankenstürmen stellen.
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