kleine Abendmahlskelche

Neues und Altes im Gottesdienst

Die Bibel ist die Muttersprache eines Gottesdienstes. Die meisten liturgischen Formeln sind Zitate aus der Bibel. Darüber haben wir vor einiger Zeit bereits geschrieben.

Daneben stellt sich die Frage nach der Form eines Gottesdienstes. Eine vorgegebene Form findet man in der Bibel nicht. Diese Form, in der Kirche “Liturgie” genannt, entstand durch alle möglichen Einflüsse.

Unsere Evangelische Kirche in Deutschland hatte lange Zeit unterschiedliche Gottesdienstformen. Lutherische Liturgien unterschieden sich von reformierten, diese wiederum von den unierten Formen. Heute weiß kaum noch jemand, was das ist, auch wenn es diese speziellen protestantischen Gemeinden noch gibt.

Die Evangelischen in Deutschland haben sich (fast alle) zusammengetan und ein gemeinsames Gottesdienstbuch herausgegeben. Am 1. Advent 1999 erschien das Buch und ist seitdem prägend für die Gottesdienstkultur geworden.

In einem der Kernsätze – alle sieben Kernsätze finden Sie hier – wird eine Grundstruktur des Gottesdienstes beschrieben

  • Eröffnung und Anrufung
  • Verkündigung und Bekenntnis
  • Abendmahl
  • Sendung und Segen

Innerhalb dieser Grundstruktur bietet sich eine Fülle an Ausformungsvarianten. Die Kirchengemeinde Hilden hat vor 20 Jahren “ihre” Liturgie mit den entsprechenden Ausformungsvarianten beschlossen. Seitdem wird und wurde vieles ausprobiert und vieles wieder verworfen.

Aber warum eigentlich Veränderungen? Kann nicht alles so bleiben, wie es war?

Soziologen reden davon, dass wir mitten in einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel sind, der noch nie so schnell wie jemals zuvor innerhalb einer Gesellschaft geschieht. Weil wir mittendrin stecken, nehmen wir selber das nicht wahr. 

Dies gilt auch für die Gottesdienstformen. Es gilt für die gewählte Sprache, gilt für die gewählte Musik, die gewählte Form und die gewählte Zeit. Es betrifft die Ausstattung der Kirchen ebenso wie den liturgischen Schmuck oder Nicht-Schmuck. Es betrifft die Talare und Stolen, die Auswahl der Blumen etc. etc.

Die einen sagen: Gerade weil die Zeit so schnelllebig ist, lasst uns doch traditionell bleiben. Der Zeitgeist wird sich schnell selbst überholen und dann strahlt das Alte um so heller.

Die anderen sagen: Kaum noch jemand versteht, was wir da im Gottesdienst machen. Wir singen Lieder mit Melodien und Texten, die 400 Jahre alt sind. Wir haben Verkündigungs- und Predigtformen, die nur noch langweilen.

Wer hat Recht? Hier meine Meinung:

Ich glaube, beide Positionen haben ihre Berechtigung. Lasst uns den Mut haben, zum Alten zu stehen. Und lasst uns den Mut haben, ganz Neues zu wagen. Unser Anspruch könnte der Satz aus dem Psalm 27, Vers 4 sein:

“Eines bitte ich vom Herrn, das hätte ich gerne: Dass ich im Hause des Herrn bleiben könne mein Leben lang, zu schauen die schönen Gottesdienste des Herrn und seinen Tempel zu betrachten.”

Was wäre das eine Vision: Menschen weigern sich, die Kirche zu verlassen, weil es “so schön ist”. Gottesdienst als schöne und bereichernde Alternative zum Alltag.

Ihr Pfarrer Ole Hergarten

Foto: Unsplash, David Weber, CC0 Lizenz

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