Das ist schwer auszuhalten. Die Distanz, die Einsamkeit. Dabei haben wir gestern noch zusammen um einen Tisch gesessen. Gegessen und getrunken. Und gesprochen von dem, was uns verbindet, was uns bleibt, auch wenn wir uns jetzt sehr lange nicht sehen. Mir fehlen die Vertrauten. Die an meiner Seite waren. Die mit mir gegangen sind. Sich auf mich eingelassen haben. Jetzt sind sie fort. Wahren Abstand. Haben Angst. Verstecken sich. Nur „von ferne“ sehe ich einige von ihnen am Rand meines Blickfelds. Die ganz Treuen, die Frauen, der liebste Freund. Sie schauen herüber, aber ich kann sie nicht erreichen. Verlassen bin ich. Auf mich selbst gestellt. Zurückgeworfen. Allein. Und Gott?
Ich weiß nicht. Gott hat sich verborgen. Ich rufe, aber er antwortet mir nicht.
Ich schaue noch einmal hinüber. Die zu mir gehören, sind immer noch da. Sie haben sogar gewagt, einen Schritt näher zu kommen. Ich kann in ihre Gesichter sehen. Da ist Mitgefühl, Herzenswärme, Traurigkeit. Sie lassen mich spüren, wie viel ihnen an mir liegt, auch über den Abstand hinweg. In ihrem Blick erkenne ich: sie erinnern sich an das, was wir gelebt haben, was unter uns möglich war an Hoffnung, an Liebe, an Gemeinschaft. Vielleicht trägt doch, was uns verbunden hat. Es sucht sich neue Wege. Es wird sie finden. Daran will ich jetzt glauben.
Pfarrerin Annette Braun-Wolf