In der evangelischen Kirchengemeinde Hilden gibt es viele Bibelkreise. Der, den ich besuche, liest zur Zeit die Bergpredigt. Ich habe selten einen Bibeltext mit mehr Praxisbezug und Relevanz für das tägliche Leben gelesen.
Die Bergpredigt steht im Matthäusevangelium im Kapitel 5 ff. Es ist im Prinzip ein rabbinischer Lehrtext. Der Rabbi Jesus lehrt seine Umgebung den richtigen Umgang miteinander. Er benutzt hierzu besondere Bilder und Beispiele, die seinen Zuhörerinnen und Zuhörern vertraut waren.
Im Bibelkreis haben wir diese Bilder erschlossen und uns gefragt, was sie für uns selbst bedeuten. So steht z.B. unter der Überschrift “Vom Vergelten”: Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2. Mose 21,24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« 39 Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem biete die andere auch dar. 40 Und wenn jemand mit dir rechten will und dir deinen Rock nehmen, dem lass auch den Mantel. 41 Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei.
Die Mitglieder des Bibelkreises hatten hierzu ganz unterschiedliche Meinungen und erzählten von ihren eigenen Problemen mit Menschen, die ihnen Böses gewollt hatten. Jesus bietet hier zwar Lösungsvorschläge, doch können die unterschiedlich ausgelegt werden.
So meinte ein Mitglied, es sei klar, dass man lieber leiden sollte als anderen Menschen ihr Unrecht gleich zu vergelten. Wie Jesus solle man sein Kreuz auf sich nehmen und schließlich in den Tod gehen. Da könne man nichts machen.
“Aber nein”, brach es aus einem anderen heraus, “da steht nur ‘gehe zwei Meilen mit ihm statt einer’, aber nicht, dass man zehn Meilen gehen soll. Das heißt, dass man sich nicht kaputt machen lassen soll.” Man soll auch nur die andere Backe zum Schlag hinhalten, nicht aber auch noch den Rücken. Und so weiter.
So setzt Jesus ein Maß und ermahnt gleichzeitig: egal, was man dir tut, achte auf dich. Geh auf deinen Gegner zu, aber sorge dafür, dass es dir nicht schlechter geht. Gehe zwei Meilen mit ihm, aber nicht zehn.
Da sage noch jemand, dass Bibelarbeit nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat.
Cornelia Soldat